Grunderwerbsteuer - Keine Aufhebung der Steuerfestsetzung bei Rückgängigmachung von nicht angezeigten Erwerbsvorgängen (BFH)
Wird ein Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, war er aber nicht ordnungsgemäß angezeigt worden, schließt § 16 Abs. 5 GrEStG den Anspruch auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Aufhebung der Steuerfestsetzung aus. Ist nach § 17 Abs. 2, 3 GrEStG eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen, ist der Erwerbsvorgang gegenüber dem dafür zuständigen Finanzamt anzuzeigen.
Hintergrund
Zuständigkeit der Finanzämter
Kommt es zu einer Anteilsvereinigung bei einer grundbesitzenden Gesellschaft (§ 1 Abs. 3 GrEStG) werden die Besteuerungsgrundlagen durch das FA, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, gesondert festgestellt, falls ein außerhalb des Bezirks dieser FA liegendes Grundstück betroffen ist (§ 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG).
Aufhebung der Steuerfestsetzung
Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG betrifft auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG.
Sachverhalt
Der Kläger erwarb 2011 71 % der Anteile an einer grundbesitzenden GmbH, an der er zuvor bereits mit 29 % beteiligt war. Der beurkundende Notar übersandte jeweils eine Abschrift des beurkundeten Vertrages an die FA A und B, in deren Bezirken die jeweiligen Grundstücke belegen waren (Lagefinanzämter).
Das FA C, in dessen Bezirk sich zu diesem Zeitpunkt die Geschäftsleitung der GmbH befand, ging davon aus, dass durch den Erwerb der Anteile der Tatbestand nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt und es für die Erstellung des Feststellungsbescheids zuständig war (§ 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG).
In 2013 wurde der Sitz der GmbH in den Zuständigkeitsbereich des FA B verlegt. Darüber war auch das FA C informiert. Nach der Sitzverlegung stellte das FA C die Besteuerungsgrundlagen für den Erwerb der Grundstücke aufgrund der Anteilsvereinigung gesondert fest.
Der Kläger wehrte sich gegen die gesonderte Feststellung, weil in 2012 ein Rückerwerb von 9 % der Anteile an der GmbH durch den ehemaligen Anteilseigner erfolgte. Das FA C wies den Einspruch als unbegründet zurück, da keine ordnungsgemäße Anzeige des Anteilserwerbs gegenüber dem FA C selbst erfolgt war. Die Vorinstanz gab der Klage mit der Begründung statt, dass eine fristwahrende Anzeige gegenüber den Lagefinanzämtern ausreicht (FG Berlin-Brandenburg v. 12.5.2016 - 12 K 15028/14).
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab
Der Erwerb der Anteile der anderen Gesellschafter durch notariell beurkundeten Vertrag erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, da es zu einer Anteilsvereinigung von über 95 % kommt.
Die Besteuerungsgrundlagen waren durch das Sitzfinanzamt gesondert festzustellen, weil die GmbH über Grundbesitz verfügt, der außerhalb des Zuständigkeitsbereiches ihres Sitzfinanzamts belegen ist (§ 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG).
Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG liegen dem Grunde nach vor, weil durch die Rückübertragung das für § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG vorausgesetzte Quantum von 95 % unterschritten wird.
Allerdings steht der Aufhebung der Steuerfestsetzung entgegen, dass der ursprüngliche Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt wurde (§ 16 Abs. 5 GrEStG).
Die Anzeige hätte gegenüber dem Sitzfinanzamt erfolgen müssen. Eine fristwahrende Anzeige gegenüber den Lagefinanzämtern reichte nicht aus, da diese nicht für die gesonderte Feststellung zuständig waren.
Der angefochtene Feststellungsbescheid ist nicht aufzuheben, weil das FA C zum Zeitpunkt des Erlasses wegen der Sitzverlegung der GmbH nicht mehr zuständig war, denn es hätte keine andere Entscheidung in der Sache getroffen werden können.
Quelle
BFH, Urteil v. 22.5.2019 - II R 24/16; veröffentlicht am 24.10.2019