Ist die Rentenbesteuerung wegen Doppelbesteuerung verfassungswidrig? (BFH-Richter)
Ab 2020 werden voraussichtlich weitere 51.000 Rentnerinnen und Rentner erstmals Steuern zahlen müssen. Damit werden dann insgesamt rund 5,12 Millionen Senioren steuerpflichtig sein. Ein Richter des Bundesfinanzhofs (BFH) und stellvertretender Vorsitzender des "für Alterseinkünfte und -vorsorge" zuständigen zehnten BFH-Senats, Herr Egmont Kulosa, hat sich in einem juristischen Fachdienst zum Thema Rentenbesteuerung geäußert, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.
Seiner Meinung nach ist die Art und Weise, wie die Finanzbehörden hierzulande die Renten von Millionen Bundesbürgern besteuern, verfassungswidrig.
Die im Jahr 2005 in Kraft getretene Reform der Rentenbesteuerung hält er für in Teilen missraten. Als "evidente Verfassungswidrigkeit" wertet er insbesondere die bis 2040 geltenden Übergangsregelungen, weil diese zu einer steuerlichen Doppelbesteuerung führen, vor der das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil 2002 ausdrücklich gewarnt hatte.
Unzulässige Belastung künftiger Rentner
Herr Egmont Kulosa wörtlich: "Es bedarf keiner komplizierten mathematischen Übung, um bei Angehörigen der heute mittleren Generation, die um 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, eine Zweifachbesteuerung nachzuweisen." Und weiter: "Denn diese Personen werden ihre Rentenbezüge in vollem Umfang versteuern müssen, können ihre Beiträge aber nur 15 Jahre lang - von 2025 bis 2039, und auch dann nur bis zum Höchstbetrag (...) - ohne prozentuale Beschränkung abziehen."
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2002 die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Pensionen für verfassungswidrig erklärt und eine Gleichbehandlung gefordert, bei der aber eine doppelte Besteuerung zu vermeiden sei. Demnach dürfe der Staat seine Bürger nicht zweimal zur Kasse bitten - bei den Beitragszahlungen an die Rentenkassen während des Erwerbslebens und dann ein zweites Mal bei der Auszahlung der Renten.
Die Bundesregierung reagierte und ging zur sogenannten "nachgelagerten Besteuerung" über, welche aber die heute mittleren Generationen dennoch nach Meinung des BFH-Richters in Teilen doppelt zur Kasse bittet.
Quelle
Süddeutsche Zeitung