Insolvenz: Umsatzsteueranspruch des Fiskus auch bei Sollbesteuerung (BFH)

Der BFH hat eine in der Praxis der Insolvenzverwaltung häufig anzutreffende Fallgestaltung verworfen. Damit hat er sichergestellt, dass aus einem vom Insolvenzverwalter vereinnahmten Entgelt, das die Umsatzsteuer umfasst, im Regelfall auch die Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden muss.

Wird über das Vermögen eines Unternehmers, der umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, das Insolvenzverfahren eröffnet, vereinnahmen Insolvenzverwalter häufig Forderungen aus Leistungen, die der Unternehmer bis zur Verfahrenseröffnung erbracht hat. Diese Forderungen setzen sich aus dem sog. Entgelt und dem Umsatzsteueranteil für die erbrachte Leistung zusammen. Zieht der Insolvenzverwalter z.B. eine Forderung über 1.190 EUR ein, ist hierin bei Leistungen, die dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegen, ein Umsatzsteueranteil von 190 EUR enthalten.

Bisher wurde die Forderung in der Praxis der Insolvenzverwaltung in voller Höhe für die Masse vereinnahmt, so dass der Fiskus den Umsatzsteueranspruch nur als sog. Insolvenzforderung zur sog. Insolvenztabelle anmelden konnte und er lediglich wie ein Insolvenzgläubiger quotal befriedigt wurde. Trotz der Vereinnahmung des vollen Steueranteils von 190 EUR durch den Insolvenzverwalter erhielt der Fiskus danach bei einer Insolvenzquote von z.B. 5 % nur 9,50 EUR. Der BFH ist dem für den Sonderfall der sog. Istbesteuerung bereits in der Vergangenheit entgegentreten, so dass die vom Insolvenzverwalter vereinnahmte Umsatzsteuer für eine vor Verfahrenseröffnung erbrachte Leistung in diesem Fall eine voll zu befriedigenden Masseverbindlichkeit ist.

Nach dem jetzt veröffentlichten Urteil des BFH gilt dies auch, wenn der Unternehmer - wie im Regelfall - der sog. Sollbesteuerung unterliegt. Der BFH begründet sein Urteil mit dem Entstehen mehrerer Vermögensmassen im Insolvenzfall. Dem Urteil kommt große Bedeutung für die Praxis der Unternehmensinsolvenz zu, da die Insolvenzverwalter hier typischerweise Forderungen aus vor Verfahrenseröffnung erbrachten Leistungen beitreiben. Das Urteil führt im Vergleich zur bisher allgemein geübten Praxis zu einer deutlichen Schmälerung der Insolvenzmasse, zu deren Lasten nun auch im Fall der Sollbesteuerung der volle Umsatzsteueranteil als Masseverbindlichkeit an den Fiskus auszukehren ist.

 

Quelle

BFH, Urteul vom 09.12.2010, V R 22/10
Bundesfinanzhof, Pressemitteilung Nr. 27 vom 13. April 2011
Haufe Online-Redaktion

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