Eigenheimzulage für Zweitobjekt im EU-Ausland? (BFH)

Es ist europarechtlich nicht geboten, einem unbeschränkt Steuerpflichtigen mit Wohnsitz im Inland eine Eigenheimzulage für ein Zweitobjekt im EU-Ausland zu gewähren.

Hintergrund

Die Entscheidung betrifft einen Arzt (A), der mit seiner Familie in Deutschland in einer Eigentumswohnung lebt. Für diese Wohnung hatte A für die Jahre 2000 bis 2007 eine Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) bezogen. Im Jahr 2001 erwarb A auf Kreta ein Grundstück, das er mit einem Wohnhaus bebaute. Das Haus wird von A und seine Familie mehrere Monate im Jahr als Zweitwohnung benutzt. Für dieses Haus beantragte A ab 2002 eine weitere Eigenheimzulage.

Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Das FG hielt dagegen – im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (Urteil v. 17.1.2008 Rs. C 152/05, BStBl 2009 II S. 326) – die Voraussetzungen für eine weitere Eigenheimzulage für gegeben.

Entscheidung des BFH

Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass es an den Voraussetzungen für eine Eigenheimzulage (§ 2 EigZulG) fehlt, weil das – im Übrigen förderungsfähige – Objekt nicht im Inland belegen ist.

Nach Auffassung des BFH steht dieses Ergebnis auch im Einklang mit dem Unionsrecht. Der BFH sieht zwar in der Versagung der Eigenheimzulage für das im EU-Ausland gelegene Zweitobjekt eine Beschränkung der Grundfreiheiten des A, insbesondere seines Rechts auf Freizügigkeit (Art. 18 EG). Indem nämlich dem A „...... die Eigenheimzulage für seine Zweitwohnung auf Kreta versagt wird, während sie ihm für ein entsprechendes inländisches Objekt zu gewähren wäre, wird er in der Ausübung der ihm nach Art. 18 EG zustehenden Rechte, sich in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, beschränkt“. Diese Beschränkung einer Grundfreiheit hält der BFH jedoch für gerechtfertigt. Denn nationale Maßnahmen, die geeignet sind, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, seien nach der Rechtsprechung des EuGH zuzulassen, wenn mit ihnen ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird. Ein solches Ziel habe der deutsche Gesetzgeber mit der Eigenheimzulage verfolgt; denn mit der Förderung des Wohnungseigentums sollten u.a. wohnungsmarktpolitische – auf die Vermehrung des Wohnungsbestandes gerichtete – Zwecke verfolgt werden. Zur Erreichung dieses Ziels sei eine Zulage für im Ausland belegene Zweitwohnungen nicht geeignet.

Anmerkung

Die Entscheidung stellt zutreffend die Vorrangigkeit des Gemeinschaftsrechts in den Mittelpunkt. Es bestehen allerdings erhebliche Zweifel, ob der BFH die für den Rechtsstreit ausschlaggebenden Rechtsfragen ohne eine Vorabentscheidung des EuGH entscheiden durfte.

Nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht eine Vorlagepflicht für letztinstanzliche Gerichte der Mitgliedstaaten – so auch für den BFH – , wenn Fragen der Auslegung von Gemeinschaftsrecht für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich sind. Solche Fragen standen im Streitfall im Mittelpunkt. Der EuGH hat sich zu den einschlägigen Fragen zwar bereits geäußert – aber in einem der jetzigen Entscheidung entgegengesetzten Sinn. In seinem Urteil v. 17.1.2008 Rs. C 152/05 (BStBl 2009 II S. 326) hat er entschieden, dass der Ausschluss der Eigenheimzulage für Wohnungen in anderen Mitgliedstaaten gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. Auch der den Streitfall entscheidende Senat des BFH hat es in einer Aussetzungssache für „ernstlich zweifelhaft“ angesehen, ob die einschlägigen Regelungen des EigZulG insoweit gegen EG-Recht verstoßen, als sie Eigenheimzulagen für Wohnungen in anderen Mitgliedstaaten ausschließen (BFH, Beschluss v. 1.10.2009, IX B 124/09, BFH/NV 2010, 179). Auch die Vorinstanz im Streitfall hat dies ähnlich gesehen, indem sie die in § 2 EigZulG enthaltene Beschränkung der Förderung auf im Inland belegene Häuser oder Eigentumswohnungen als gemeinschaftsrechtswidrig beurteilte.

 

Quelle

Urteil v. 20.10.2010, IX R 20/09; veröffentlicht am 26.1.2011 Dr. Klaus Schwendy, BFH-Urteilsservice Haufe-Verlag

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