Zur Frage der Anwendbarkeit der Mietpreisbremse im Falle von zwischen denselben Parteien separat geschlossenen Verträgen über die Anmietung einer Wohnung und über die Nutzung eines Kellers (BGH)

Nach der Rechtsprechung des BGH spreche bei einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag und einem separat abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage oder Stellplatz eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbstständigkeit der beiden Vereinbarungen.

Anmerkungen des Berliner Mietvereins

Im am 26.10.2015 abgeschlossenen Mietvertrag war eine Miete in Höhe von 850 Euro netto kalt vereinbart. Zudem schlossen die Mietvertragsparteien am gleichen Tag eine „Kellernutzungsvereinbarung“, nach der die Mieter ab dem 1.12.2015 zur Nutzung des im Mietobjekt gelegenen „Kellerverschlages Nr. 9“ gegen eine „monatliche Nutzungspauschale“ in Höhe von 79 Euro berechtigt sind. Die Nutzungspauschale sollte sich jeweils zum Beginn eines neuen Vertragsjahres um 2,5 % bezogen auf den vorangegangenen Betrag erhöhen.

Im April 2016 rügten die Mieter gegenüber der Vermieterin gemäß § 556 g Abs. 2 BGB einen Verstoß der in Höhe von insgesamt 929 Euro für Wohnung und Keller vereinbarten Miete gegen die sogenannte Mietpreisbremse (§§ 556 d ff. BGB).

In dem nachfolgenden von den Mietern initiierten Prozess auf Rückzahlung von überhöhten Mieten ging es unter anderem darum, ob die 79 Euro für den Keller in die Bewertung des preisrechtlich zulässigen Mietzinses einbezogen werden müssen oder nicht. Während die Instanzgerichte diese Frage bejahten, entschied sich der BGH für die gegenteilige Auffassung.

Der Prüfung anhand der Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe (§§ 556 d ff. BGB) unterliege im Streitfall lediglich die für die Wohnung vereinbarte Ausgangsmiete in Höhe von 850 Euro, nicht jedoch auch das für die Nutzung des Kellers vereinbarte Nutzungsentgelt in Höhe von 79 Euro. Denn die Wohnung und der Keller seien nicht aufgrund eines einheitlichen Mietvertrags, sondern aufgrund rechtlich selbstständiger Verträge an die Mieter vermietet.

Nach der Rechtsprechung des BGH spreche bei einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag und einem separat abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage oder Stellplatz eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbstständigkeit der beiden Vereinbarungen. Es bedürfe dann der Widerlegung der Vermutung durch besondere Umstände, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Mietverhältnisse über die Wohnung und die Garage beziehungsweise den Stellplatz nach dem Willen der Beteiligten eine rechtliche Einheit bilden sollen.

Für einen Keller gelte im Grundsatz nichts anderes.

Gemessen hieran sei vorliegend die Annahme eines einheitlichen, sowohl die Wohnung als auch den Keller umfassenden Mietverhältnisses nicht zu rechtfertigen.

Zwar befänden sich die Wohnung und der Keller in demselben Gebäude. In einem solchen Fall werde in der Regel anzunehmen sein, dass die diesbezüglich – hier zudem an demselben Tag – geschlossenen Mietverhältnisse nach dem Willen der Parteien eine rechtliche Einheit bilden sollen. Dies genüge vorliegend jedoch zur Widerlegung der für eine rechtliche Selbstständigkeit der Vereinbarungen sprechenden Vermutung nicht. Denn die Eigenständigkeit beider Verträge ergebe sich zudem aus deren eindeutigem Wortlaut sowie aus den erheblichen Abweichungen hinsichtlich wesentlicher Vertragsbestandteile wie Vertragslaufzeit, Kündigungsmöglichkeiten und vor allem Gestaltung und Entwicklung des vereinbarten Mietentgelts. So hätten die Parteien in der Kellernutzungsvereinbarung ausdrücklich die Bestimmung getroffen, dass die Vereinbarung „unabhängig von ggf. nebenher bestehenden Miet- oder Nutzungsverträgen für Wohn-/Gewerberäume oder Stellplätze“ bestehen solle.

Zudem enthalte die Kellernutzungsvereinbarung einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung für die Dauer von zehn Jahren, der Wohnungsmietvertrag hingegen einen solchen lediglich für die Dauer von zwei Jahren. Für die anschließende Zeit sei bei der zuerst genannten Vereinbarung eine Kündigung zum Ende eines jeden Monats mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist zulässig, beim Wohnungsmietvertrag hingegen nur unter Einhaltung der – regelmäßig längeren – gesetzlichen Kündigungsfrist. Das den Mietern für den Fall einer Beendigung des Wohnungsmietvertrags vor dem Ablauf des Kündigungsausschlusses eingeräumte Sonderkündigungsrecht erlaube ihnen zwar eine gleichzeitige Beendigung der vertraglichen Beziehung zur Vermieterin. Daraus folge aber nicht ohne Weiteres, dass die Parteien ungeachtet der besonderen Bedingungen über die Vertragslaufzeit und die Kündigung der Kellernutzungsvereinbarung einen einheitlichen Mietvertrag über Wohnung und Keller schließen wollten.

Für den Willen der Mietvertragsparteien, zwei rechtlich getrennte Verträge abschließen zu wollen, sprächen schließlich die besonderen Bedingungen über die Gestaltung und Veränderung des jeweils vereinbarten Mietentgelts. So hätten die Parteien bezogen auf das Nutzungsentgelt für den Keller eine – automatische – jährliche Erhöhung um einen feststehenden Prozentsatz von 2,5 % vereinbart, während der Wohnungsmietvertrag eine Erhöhung oder Verminderung der Monatsnettokaltmiete in Abhängigkeit von der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes und von einer entsprechenden Erklärung des Begünstigten vorsehe. Eine andere Würdigung folge auch nicht daraus, dass nach der vorvertraglichen Mitteilung der Vermieterin an die Mieter die Aufteilung der von ihr verlangten Gesamtmiete auf die Wohnungs- und die Kellermiete im Rahmen der vertraglichen Einigung veränderbar war. Denn die Vermieterin habe gegenüber den Mietern von Anfang an deutlich gemacht, dass – wenn auch „aus internen Gründen“ – zwei separate Mietverträge – und nicht, wie von den Mietern eigentlich gewünscht, ein einheitlicher Mietvertrag – über die Wohnung und den Keller geschlossen werden sollten. Damit fehle es an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme eines auf den Abschluss eines einheitlichen Mietvertrags gerichteten übereinstimmenden Parteiwillens.

Vor diesem Hintergrund unterliege im Streitfall lediglich die für die Wohnung vereinbarte Miete den Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe gemäß §§ 556 d ff. BGB. Es komme hierbei allein auf die Ausgangsmiete in Höhe von 850 Euro an. Die für den Keller vereinbarte (Staffel-)Miete sei hingegen nicht in die Überprüfung einzubeziehen, da es sich bei ihr nicht um einen nur gesondert ausgewiesenen Anteil oder Rechenwert bei der Zusammensetzung einer einheitlichen Miete handele.

Auch sei die Fläche des Kellers bei der Prüfung der zulässigen Miethöhe für die Wohnung gemäß § 556 d Abs. 1 BGB nicht zu berücksichtigen, da dieser separat an die Mieter vermietet wurde.

Soweit der BGH.

Diese BGH-Rechtsprechung ist für die Mieterseite höchst problematisch. Hier wird faktisch der Umgehung der Mietpreisbremse das Wort geredet. Es steht zu befürchten, dass künftig vermehrt Verträge im Zusammenhang mit dem Wohnraummietvertrag – aber getrennt von diesem – abgeschlossen werden, die zur Keller- oder Hobbyraumnutzung berechtigen. Die hierfür „vereinbarten“ Entgelte laufen dann völlig legal neben der Mietpreisbremse.

Im Übrigen ist es äußerst fraglich, ob die für Garagen entwickelte Rechtsprechung auch auf Mietverträge für Kellerräume anzuwenden ist. Garagen werden auch sonst gesondert vermietet. In Berlin sind Wohnungen hingegen üblicherweise mit einem nutzbaren Keller oder vergleichbaren Abstellraum ausgestattet und im Gegensatz zu Garage oder einem Stellplatz wird hierfür in der Regel kein zusätzliches Entgelt erhoben (LG Berlin vom 22.2.2023 – 64 S 230/22). Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1a Wohnflächenverordnung sind Kellerräume Zubehörräume, so dass – anders als bei Garagen – eine rechtliche Nähe zur Wohnung besteht.

Hier hätte man vom BGH schon eine weniger dogmatische als eher praxisgerechte Bewertung erwartet (Börstinghaus jurisPR-MietR 19/2023). Bezeichnend ist auch, dass das Wort „Umgehung“ in der BGH-Entscheidung nicht auftaucht (Beuermann GE 23, 928).

Dies wurde bisher von den Instanzgerichten anders gesehen: „Dass der Wohnraum und der Keller als einheitliche Mietsache anzusehen sind, ergibt sich bereits daraus, dass beide Verträge am selben Tag unterzeichnet wurden. Bei der Unterzeichnung standen die Mieter also unter dem Druck, dass sie entweder beide Verträge unterzeichnen oder überhaupt kein Mietvertrag mit ihnen geschlossen wird. Genau diese Umgehungsgeschäfte, die die Nettokaltmiete für eine Wohnung künstlich reduzieren sollen, sollen vermieden werden, damit der Schutz der §§ 556 d BGB ff. greift. Für ein Umgehungsgeschäft spricht im Übrigen auch, dass der Mietspiegel als Negativmerkmal das Fehlen eines Kellers aufweist. Daraus lässt sich wiederum schließen, dass die nach dem Mietspiegel ermittelten Werte in der Regel eine gleichzeitige Vermietung eines Kellers beinhalten“ (AG Kreuzberg v. 30.11.2021 – 13 C 119/21 –, dem folgend auch LG Berlin vom 22.2.2023 – 64 S 230/22).

Es bleibt zu hoffen, dass die Berliner Gerichte weiterhin prüfen, ob eine solche Vertragsgestaltung aus Umgehungsgründen gewählt wurde.

Darüber hinaus ist bei Berufung des Vermieters auf eine hohe Vormiete hier die Identität des Vormietverhältnisses mit dem Nachmietverhältnis zu verneinen, wenn früher alles „all inklusiv“ war (Börstinghaus jurisPR-MietR 19/2023). Wenn dem Vormieter auch ein Keller mitvermietet war, hätte also in vorliegendem Fall nicht die Ausgangsmiete von 850 Euro zugrunde gelegt werden dürfen, sondern ein um 79 Euro für die Kellernutzung geminderter Betrag in Höhe von 771 Euro (Beuermann GE 23, 928).

Unabhängig davon stellt sich die Frage nach der zulässigen Höhe des Kellerentgelts. Nach § 138 BGB tritt die Nichtigkeit der Preisvereinbarung allerdings erst ein, soweit das vereinbarte Entgelt um knapp 100 % höher ist als der objektive Marktwert (BGH vom 14.7.2004 – XII ZR 352/00 –).

 

Quelle

BGH vom 5.7.2023 – VIII ZR 94/21 –
Berliner Mieterverein

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