Haben Steuerpflichtige ein Recht auf Akteneinsicht? (FG)
Ob Steuerpflichtige ein Recht auf Akteneinsicht haben, ist nicht unumstritten. Der Bundesfinanzhof lehnte ein solches Recht bisher ab. Das Niedersächsische Finanzgericht entschied nun, dass Steuerpflichtigen aufgrund der Datenschutzgrundverordnung grundsätzlich ein Recht auf Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren zusteht.
Hintergrund
Der Kläger beantragte die Einsicht in die Steuerakten beim Finanzamt für das Jahr 2015. Ziel war im Wesentlichen zu prüfen, ob ein Anspruch gegen den ehemaligen steuerlichen Vertreter in Betracht kam.
Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Einsicht ab, da der Steuerpflichtige nach der AO kein grundsätzliches Recht auf Akteneinsicht hat. Bei pflichtgemäßer Ermessensausübung kommt dabei hier keine Akteneinsicht in Betracht, da der Kläger kein berechtigtes Interesse dargelegt hatte. Der Kläger verwies auf Art. 15 Abs. 1 DSGVO, in dem ein solches Recht normiert und auch im steuerlichen Verwaltungsverfahren anzuwenden ist.
Das Finanzamt wies den Einspruch ab. Deshalb wandte sich der Kläger an das Finanzgericht.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Zwar ist es zutreffend, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der Steuerpflichtige einen Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung dahingehend hat, ob Akteneinsicht zu gewähren ist. Das Gericht ist jedoch der Auffassung, dass aufgrund der seit 2018 geltenden DSGVO und dem Recht auf Gehör dem Steuerpflichtigen ein Recht auf Akteneinsicht zusteht. Auch das Steuergeheimnis steht dem nicht entgegen.
Deshalb reduziert sich vorliegend das Ermessen auf null, das Finanzamt muss dem Kläger Akteneinsicht gewähren. Darüber hinaus habe der Kläger ein Recht auf Akteneinsicht auch aus Art. 15 DSGVO. Denn dieser hat im steuerlichen Verwaltungsverfahren unmittelbare Anwendung. Dieser Anspruch steht nicht im Ermessen der Finanzbehörde. Der Kläger hat somit auch aufgrund dieser Norm unmittelbar einen Anspruch auf Akteneinsicht.
Quelle
FG Niedersachsen