Fristen zur Abgabe der Steuererklärungen, Verspätungszuschläge und Verzinsung (BMF)
Anwendungsfragen zur (erneuten) Verlängerung der Steuererklärungsfristen für die Besteuerungszeiträume 2020 bis 2024 durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz
Angesichts der weiterhin andauernden, durch die Corona-Pandemie verursachten Ausnahmesituation sollen die Erklärungsfristen in beratenen Fällen (§ 149 Absatz 3 Abgabenordnung (AO)) sowie die zinsfreien Karenzzeiten (§ 233a Absatz 2 AO) für 2020 durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz (Bundestag-Drucksache (BT-Drs.) 20/1111 vom 21.03.2022) um weitere drei Monate verlängert werden.
Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:
I. Anwendungsregelung
Dieses BMF-Schreiben tritt mit sofortiger Wirkung an die Stelle der BMF-Schreiben vom 20. Juli 2021 (BStBl 2021 I S. 984) und vom 1 April 2022 (BStBl 2022 I S. 319). Es ist für die Besteuerungszeiträume 2020 bis 2024 in allen offenen Fällen anzuwenden.
II. Verlängerung der Fristen zur Abgabe der Steuer- und Feststellungserklärungen
Beratene Fälle (149 Abs. 3 AO)
Sofern Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften i. S. d. §§ 3 und 4 StBerG mit der Erstellung der in § 149 Abs. 3 AO genannten Erklärungen beauftragt sind (beratene Fälle), sind diese Steuer- und Feststellungserklärungen - vorbehaltlich einer Vorabanforderung nach § 149 Abs. 4 AO - grundsätzlich spätestens bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben,
Für beratene Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Erklärungsfrist für Steuer und Feststellungserklärungen, in denen der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft selbst ermittelt wird, grundsätzlich mit Ablauf des 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres (§ 149 Absatz 3 i. V. m. § 149 Absatz 2 Satz 2 AO).
Diese Fristen werden
- für die Besteuerungszeiträume 2020 und 2021 jeweils um sechs Monate,
- für den Besteuerungszeitraum 2022 um fünf Monate,
- für den Besteuerungszeitraum 2023 um drei Monate und
- für den Besteuerungszeitraum 2024 um zwei Monate
verlängert. Ab dem Besteuerungszeitraum 2025 gelten wieder die regulären Erklärungsfristen.
In den Fällen der Rn. 9 tritt an die Stelle des letzten Tages des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres
- für den Besteuerungszeitraum 2020 der 31. August 2022,
- für den Besteuerungszeitraum 2021 der 31. August 2023,
- für den Besteuerungszeitraum 2022 der 31. Juli 2024,
- für den Besteuerungszeitraum 2023 unter Berücksichtigung des § 108 Abs. 3 AO der 2. Juni 2025 und
- für den Besteuerungszeitraum 2024 der 30. April 2026
Die gesetzlichen Fristverlängerungen (vgl. Rn. 12 und 13) sind von Amts wegen zu beachten, ein Antrag des Steuerpflichtigen oder des mit der Erstellung der Erklärung Beauftragten i. S. d. §§ 3 und 4 StBerG ist dazu nicht erforderlich.
Vorzeitige Anforderungen von Steuer- und Feststellungserklärungen nach § 149 Abs. 4 AO bleiben von dieser Fristverlängerung unberührt.
ine Verlängerung der (gesetzlich verlängerten) Erklärungsfristen durch das Finanzamt über die in den Rn. 12 und 13 genannten Fristenden hinaus ist nur unter den Voraussetzungen des § 109 Abs. 2 AO i. V. m. Artikel 97 § 36 Abs. 3 Nummer 1 und 2 EGAO möglich.
Die Fristen zur Einreichung von Steuer- und Feststellungserklärungen in beratenen Fällen können daher nur dann über die genannten Fristenden hinaus verlängert werden, wenn der oder die Steuerpflichtige und die von ihm oder ihr beauftragte Person (z.B. ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe als Vertreter oder Erfüllungsgehilfe) nachweislich ohne Verschulden verhindert sind oder waren, die Erklärungsfrist einzuhalten. Bei der Entscheidung über einen diesbezüglichen Antrag auf Fristverlängerung sind die von der Rechtsprechung zum Vorliegen einer „unverschuldeten Verhinderung“ entwickelten Grundsätze zu beachten. Die Arbeitsüberlastung von Angehörigen der steuerberatenden Berufe kann daher für sich allein nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen eine Fristverlängerung durch das Finanzamt über die genannten Fristen hinaus rechtfertigen.
III. Vorzeitige Anforderung von Erklärungen
Das Finanzamt kann in Fällen, in denen Steuer- und Feststellungserklärungen i. S. d.§ 149 Abs. 3 AO durch Angehörige der steuerberatenden Berufe erstellt werden, unter den Voraussetzungen des § 149 Abs. 4 AO eine vorzeitige Abgabe der Steuer- und Feststellungserklärung grundsätzlich vor dem letzten Tag des Monats Februar, in den Fällen des § 149 Abs, 2 Satz 2 AO (Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr) vor dem 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres anordnen (sog. Vorabanforderung). Eine Vorabanforderung darf nicht auf einen Zeitpunkt erfolgen, der innerhalb der in § 149 Abs. 2 AO bestimmten Fristen liegt.
Steuer- und Feststellungserklärungen i. S. d. § 149 Abs. 3 AO für die Besteuerungszeiträume 2020 bis 2024 können abweichend hiervon auch zu einem Termin vorzeitig angefordert werden, der nach dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den jeweiligen Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres und vor den in Rn. 12 genannten Zeitpunkten liegt (Artikel 97 § 36 Abs, 3 Nummer 1 EGAO. Eine Vorabanforderung darf in diesen Fällen keine kürzere Frist als die in Rn. 5 genannte Frist setzen.
IV. Festsetzung von Verspätungszuschlägen
Gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuer- oder Feststellungserklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Unter den Voraussetzungen des § 152 Abs. 2 AO steht die Festsetzung des Verspätungszuschlags nicht mehr im Ermessen des Finanzamts, sondern ist gesetzlich vorgeschrieben. Dies gilt gleichermaßen für beratene wie für nicht beratene Fälle.
Wurde eine Steuer- oder Feststellungserklärung zwar nach Ablauf der (gesetzlich und ggf. auch durch das Finanzamt nach § 109 AO verlängerten) Erklärungsfrist und damit verspätet, aber noch
- innerhalb von 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres oder innerhalb von 14 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt (§ 152 Abs. 2 Nr. 1 AO) oder
- innerhalb von 19 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres oder innerhalb von 19 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt (§ 152 Abs. 2 Nr. 2 AO) in den Fällen des § 149 Abs. 2 Satz 2 AO
übermittelt, kann das Finanzamt nach § 152 Abs. 1 AO einen Verspätungszuschlag festsetzen (Ermessensentscheidung).
Diese Zeitspanne, innerhalb derer die Entscheidung über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts liegt, wird für die Besteuerungszeiträume 2020 und 2021 um sechs Monate, für den Besteuerungszeitraum 2022 um fünf Monate, für den Besteuerungszeitraum 2023 um drei Monate und für den Besteuerungszeitraum 2024 um zwei Monate verlängert.
Das Finanzamt ist hingegen gesetzlich dazu verpflichtet einen Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn die Steuer- oder Feststellungserklärung
- für die Besteuerungszeiträume 2020 und 2021 nicht innerhalb von 20 Monaten,
- für den Besteuerungszeitraum 2022 nicht innerhalb von 19 Monaten,
- für den Besteuerungszeitraum 2023 nicht innerhalb von 17 Monaten und
- für den Besteuerungszeitraum 2024 nicht innerhalb von 16 Monaten
nach Ablauf des Kalenderjahres oder nach dem Besteuerungszeitpunkt abgegeben wird (gebundene Entscheidung nach § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO i. V. m. Artikel 97 § 36 Abs. 3 Nummer 5 EGAO)
Gleiches gilt, wenn die Steuer- oder Feststellungserklärung in den Fällen des § 149 Abs. 2 Satz 2 AO
- für die Besteuerungszeiträume 2020 und 2021 nicht innerhalb von 25 Monaten,
- für den Besteuerungszeitraum 2022 nicht innerhalb von 24 Monaten,
- für den Besteuerungszeitraum 2023 nicht innerhalb von 22 Monaten und
- für den Besteuerungszeitraum 2024 nicht innerhalb von 21 Monaten
nach Ablauf des Kalenderjahres oder nach dem Besteuerungszeitpunkt abgegeben wird (§ 152 Abs. 2 Nummer 2 AO i. V. m. Artikel 97 § 36 Abs. 3 Nummer 6 EGAO).
Die Entscheidung über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags steht in den in Rn. 24 und 25 genannten Fällen gemäß § 152 Abs. 3 AO nur in folgenden Fällen im Ermessen des Finanzamts:
- die Finanzbehörde hat die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 AO (ggf. rückwirkend) verlängert, die Erklärung wurde aber nach Ablauf der hiernach verlängerten Frist abgegeben,
- die Steuer wurde auf null Euro oder auf einen negativen Betrag festgesetzt oder
- die festgesetzte Steuer übersteigt nicht die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge
Der Zinslauf der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen nach § 233a AO („Vollverzinsung“) beginnt nach § 233a Abs. 2 Satz 1 AO allgemein 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (allgemeiner Zinslauf).
Für die Einkommen- und Körperschaftsteuer beginnt der Zinslauf nach § 223a Abs. 2 Satz 2 AO regulär erst 23 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen (besonderer Zinslauf).
Der allgemeine Zinslauf beginnt
- für den Besteuerungszeitraum 2020 am 1. Oktober 2022
- für den Besteuerungszeitraum 2021 am 1. Oktober 2023
- für den Besteuerungszeitraum 2022 am 1. September 2024,
- für den Besteuerungszeitraum 2023 am 1. Juli 2025 und
- für den Besteuerungszeitraum 2024 am 1. Juni 2026
Der besondere Zinslauf beginnt
- für den Besteuerungszeitraum 2020 am 1. Juni 2023,
- für den Besteuerungszeitraum 2021 am 1. Juni 2024,
- für den Besteuerungszeitraum 2022 am 1. Mai 2025,
- für den Besteuerungszeitraum 2023 am 1. März 2026 und
- für den Besteuerungszeitraum 202 am 1. Februar 2027
Quelle
BMF v. 01.04.2022 - IV A 3 - S 0261/20/10001