Altersvorsorgeberatung - Wann der Versicherungsvermittler wegen Falschberatung haftet (OLG)

Versicherungsvermittler müssen bei der Beratung im Rahmen einer Rürup-Rente die persönliche Situation des Versicherungsnehmers berücksichtigen.

Auch müssen sie darauf hinweisen, dass Anleger nicht vorzeitig an ihr Geld kommen. Sonst droht u. U. wegen Falschberatung eine Schadensersatzforderung des Anlegers.

Hintergrund

Der Kläger (41) stand gerade am Ende eines Privatinsolvenzverfahrens und war auf dem Sprung, sich selbstständig zu machen. Ein Versicherungsvermittler vermittelte ihm eine Rürup-Rente zur Altersvorsorge. Abgeschlossen wurde der Vertrag im Jahr 2010, die monatlichen Beiträge i. H. v. 200 EUR sollten bis zum Jahr 2036 gezahlt werden.

Infolge der speziellen Konstruktion und der steuerlichen Förderung der Rürup-Rente war ein Zugriff auf das eingezahlte Kapital vor Ablauf des Vertrags am 1.10.2036 nicht möglich.

Der Kläger zahlte eine Zeit lang die vereinbarten Beiträge. Nach 5 Jahren machte er geltend, dass er beim Abschluss des Vertrags falsch beraten worden war. Der Vermittler hatte ihn nicht darauf hingewiesen, dass er bis zum Zeitpunkt des Rentenbeginns nicht mehr an sein Geld kommt. Hätte er das gewusst, hätte er den Vertrag nicht abgeschlossen, so der Kläger.

Von der Versicherung verlangte er die Rückzahlung der bislang geleisteten Beiträge wegen Falschberatung. Doch diese stellte den Vertrag lediglich beitragsfrei.

Entscheidung

Das Oberlandesgericht gab dem Kläger Recht. Die Versicherungsgesellschaft und der Vermittler sind zum Schadensersatz verpflichtet, weil die Beratung des Vermittlers fehlerhaft war.

Konkret ist der Vermittler zum Schadensersatz i. H. v. 11.600 EUR verpflichtet, weil er seine Beratungspflichten verletzt hat.

Nach Auffassung des Gerichts lag keine ordnungsgemäße Beratungsdokumentation vor. Das führt dazu, dass die Beweislast für die Einhaltung der Dokumentationspflichten beim Versicherungsvermittler liegt.

Der Vermittler hat seine Beratungspflichten in 2-facher Hinsicht verletzt. Zum einen, weil er nicht darüber aufgeklärt habe, dass der Anleger nicht vorzeitig an sein Kapital kommt. Zum anderen, weil die Rürup-Rente keine geeignete Anlage für den Kläger war.

Der Hinweis zur fehlenden Möglichkeit, sich das angesparte Kapital vorzeitig auszahlen zu lassen, war eine grundlegende Information, über die der Versicherer bzw. der Versicherungsvertreter den Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrags hätte aufklären müssen. Denn i. d. R. ist bei privaten Rentenversicherungsverträgen eine vorzeitige Auszahlung schon möglich. Die Rürup-Rente ist insoweit ein Spezialfall, weil hier gesetzliche Regelungen im Zusammenhang mit den gewährten Steuervorteilen dazu führten, dass eine vorzeitige Auszahlung nicht möglich ist.

Die zweite Pflichtverletzung des Vermittlers sah das Gericht darin, dass die Rürup-Rente für den eben aus der Privatinsolvenz kommenden Versicherten, der sich selbstständig machen wollte, kein geeignetes Vorsorge-Produkt war. Die wirtschaftliche Situation des Klägers war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit vielen offenen Fragen behaftet gewesen.

Eine private Rentenversicherung, bei der sich der Versicherungsnehmer auf 26 Jahre festlegt und eine vorzeitige Rückzahlung der Beiträge nicht möglich war, ist nicht zweckmäßig gewesen.

Der Versicherer haftet für den Beratungsfehler des Versicherungsvermittlers gemeinsam mit diesem als Gesamtschuldner.

 

Quelle

OLG

Möchten Sie regelmäßig über neue Artikel informiert werden? Dann registrieren Sie sich für unseren Newsletter.

Newsletter abonnieren

Diese Internetseite verwendet Cookies, um die Nutzererfahrung zu verbessern und den Benutzern bestimmte Dienste und Funktionen bereitzustellen.
Mehr Informationen finden sie unter Datenschutz. Ich stimme zu