Briefkastenfirmen in Orten mit niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen im Visier der Finanzverwaltung
Ein aktueller Artikel auf der Webseite der Tagesschau hat die Praxis zum Inhalt, dass sich Unternehmen jahrelang nahezu unbehelligt an Orten mit niedrigen Gewerbesteuersätzen niederlassen. Nunmehr werden Bund und Länder prüfen.
Nach Informationen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" (SZ) haben die verantwortlichen Steuerexperten von Bund und Ländern in einer vertraulichen Sitzung beschlossen, in den Bundesländern nach Fällen zu suchen. Mit dem Betreff: "Gewerbesteueroasen - Briefkastenfirmen" wurden Finanzämter beispielsweise in Bayern aufgefordert, Fälle zu melden. Ähnliche Abfragen liefen im Herbst auch in hessischen Finanzämtern.
Das nordrhein-westfälische Finanzministerium stellte auf Anfrage klar, dass unrichtige Angaben im Einzelfall den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen könnten. "Das gleiche gilt für Dienstleister, die eine Betriebsstätte nur zum Schein und mit dem Ziel einer niedrigeren Gewerbesteuerbelastung vermitteln."
Auch das Bundesfinanzministerium betont, dass nach "geltender Rechtslage" das bloße Vorhalten eines Briefkastens nicht ausreiche, damit Unternehmen ihre Gewinne an einer Gewerbesteueroase zu Niedrigsätzen versteuern dürfen. Nötig sei eine "Betriebsstätte", also ein Ort an dem Mitarbeiter des Unternehmens tatsächlich arbeiten und wesentliche Geschäftsentscheidungen getroffen werden. Der Bundesfinanzhof, das höchste Finanzgericht Deutschlands, konkretisierte unlängst, was das bedeutet. Demnach ist eine "eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung" und einer "Verwurzelung" am Ort notwendig, um eine Betriebsstätte nachweisen zu können. Tatsächlich könnten die Briefkasten-Firmensitze in vielen Fällen gegen das Gesetz verstoßen.
Quelle
Webseite der tagesschau vom 20.01.2022