Bei bestrittener Heizkostenabrechnung trifft Vermieter Beweislast für erhobene Forderung (BGH)
Der Vermieter trägt bei einer Nachforderung von Betriebskosten, die der Mieter aufgrund entsprechender Vereinbarung zu tragen hat (§ 556 Abs. 1 Satz 1 BGB), die Darlegungs- und Beweislast für die erhobene Forderung. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.02.2017 umfasst dies die richtige Erfassung, Zusammenstellung und Verteilung der angefallenen Betriebskosten auf die einzelnen Mieter. Vor diesem Hintergrund könne der Mieter auch die Einsichtnahme in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines gemeinsam versorgten Mietobjekts verlangen (Az.: VIII ZR 189/17).
Streit um Heizkostennachzahlung in Höhe von über 5.000 Euro
Die Beklagten waren Mieter einer 94 Quadratmeter großen Dreizimmerwohnung in einem Mehrfamilienhaus der Klägerin. Die gesamte Wohnfläche des Hauses beläuft sich, soweit sie an den für die Wohnung der Beklagten maßgeblichen Heizkreis angeschlossen ist, auf knapp 720 Quadratmeter. Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag sah eine monatliche Vorauszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von 200 Euro vor. Für die Jahre 2013 und 2014 verlangt die Klägerin von den Beklagten eine Nachzahlung auf die in den Betriebskosten enthaltenen Heizkosten in Höhe von mehr als 5.000 Euro. Die betreffenden Jahresabrechnungen weisen für die Mietwohnung der Beklagten Verbrauchswerte aus, die 42% beziehungsweise 47% der jeweils im Heizkreis insgesamt gemessenen Verbrauchseinheiten ausmachen. Die Beklagten beanstanden diese Abrechnungswerte als nicht plausibel und bestreiten, diese in ihrer Höhe auffällig von der Wohnflächenverteilung abweichende Wärmemenge tatsächlich verbraucht zu haben. Ihrer Forderung, ihnen zur Überprüfung die Ablesebelege zu den Verbrauchseinheiten der übrigen Wohnungen vorzulegen, kam die Klägerin nicht nach.
Klage auf Nachzahlung der Betriebskosten zunächst erfolgreich
Die auf eine entsprechende Betriebskostennachzahlung gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ändert auch eine außergewöhnliche Höhe der Heizkosten nichts daran, dass die Beklagten als Mieter konkret dazulegen hätten, weshalb die ihnen in Rechnung gestellten Heizkosten (2013: 3.492 Euro; 2014 3.857 Euro) der Höhe nach nicht berechtigt seien. Auch sei nicht nachvollziehbar, welche Vorteile die Beklagten für sich aus der Einsichtnahme in die Belege der anderen im Haus befindlichen Mietwohnungen herleiten wollten. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision wollten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.
BGH: Zuverlässigkeit und Korrektheit der Verbrauchserfassung hätte geprüft werden müssen
Der BGH betont, dass er die im Streitfall ergangene Entscheidung genutzt habe, um einige – vom Berufungsgericht vorliegend verkannte – Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast und zu den Verpflichtungen des Vermieters auf Gewährung einer Belegeinsicht im Zusammenhang mit der jährlichen Betriebskostenabrechnung zu vertiefen. Bei einer Nachforderung von Betriebskosten, die der Mieter aufgrund entsprechender Vereinbarung zu tragen habe (§ 556 Abs. 1 Satz 1 BGB), liege die Darlegungs- und Beweislast für die erhobene Forderung, also für die richtige Erfassung, Zusammenstellung und Verteilung der angefallenen Betriebskosten auf die einzelnen Mieter, beim Vermieter. Insofern sei es bereits im Ausgangspunkt verfehlt, dass das Berufungsgericht den Beklagten als Mietern die Verpflichtung auferlegt habe, "objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte" (wie etwa bestehende Leitungsverluste) vorzutragen, aus denen sich eine Unrichtigkeit der ihnen in Rechnung gestellten Verbrauchswerte ergibt. Es hätte sich jedenfalls im Grundsatz bei sachgerechter Beurteilung der Beweislastverteilung vielmehr von der Zuverlässigkeit und Korrektheit der von der Klägerin als Vermieterin vorgenommenen Verbrauchserfassung, Zusammenstellung und Verteilung überzeugen sowie den dazu von der Klägerin angetretenen Zeugen- und Sachverständigenbeweis erheben müssen.
Anteil muss gedanklich und rechnerisch nachvollziehbar sein
Im Streitfall kam nach Auffassung des BGH als Besonderheit hinzu, dass die Beklagten weiterhin den Einwand erhoben hatten, die Klägerin hätte ihnen jedenfalls die Ablesebelege zu den Verbrauchseinheiten der anderen Wohnungen vorlegen müssen. Diesen Einwand habe das Berufungsgericht zu Unrecht für unerheblich und deshalb zur Rechtfertigung des auch hierauf gestützten Klageabweisungsbegehrens der Beklagten für nicht durchgreifend erachtet. Denn eine vom Vermieter gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB vorzunehmende Abrechnung müsse eine aus sich heraus verständliche geordnete Zusammenstellung der zu den umzulegenden Betriebskosten im Abrechnungsjahr getätigten Einnahmen und Ausgaben enthalten, um es dem Mieter zu ermöglichen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen.
Mieter darf Einsicht in Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer verlangen
Dabei gehöre es auch noch zu einer vom Vermieter vorzunehmenden ordnungsgemäßen Abrechnung, dass er im Anschluss dem Mieter auf dessen Verlangen zusätzlich die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen ermöglicht, soweit dies etwa zur sachgerechten Überprüfung der Nebenkostenabrechnung oder zur Vorbereitung etwaiger Einwendungen erforderlich ist. In diesem Zusammenhang könne der Mieter auch die Einsichtnahme in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines gemeinsam versorgten Mietobjekts hinsichtlich der Heizkosten beanspruchen, um sich etwa Klarheit zu verschaffen, ob bei einer – wie im Streitfall – verbrauchsabhängigen Abrechnung der Gesamtverbrauchswert mit der Summe der Verbrauchsdaten der anderen Wohnungen übereinstimmt, ob deren Werte plausibel sind oder ob sonst Bedenken gegen die Richtigkeit der Kostenverteilung bestehen.
Mieter muss vorerst nicht zahlen
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts müsse der Mieter insoweit auch kein "besonderes Interesse" an der Belegeinsicht in die Verbrauchswerte der anderen Mietwohnungen darlegen; es genüge hierfür vielmehr bereits sein allgemeines Interesse, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren. Solange der Vermieter unberechtigt eine entsprechend begehrte Belegeinsicht verweigert, bestehe deshalb auch keine Verpflichtung des Mieters, die geforderte Nachzahlung zu leisten. Der BGH hat daher das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Klage als (derzeit) unbegründet abgewiesen.
Quelle
BGH , Urteil vom 07.02.2018 - VIII ZR 189/17