Bilanzierung: Passivierung einer Verbindlichkeit trotz Rangrücktritt (FG)
ine Verbindlichkeit, die nur aus einem künftigen Handelsbilanzgewinn oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss erfüllt zu werden braucht, ist zu passivieren.
Hintergrund
Gemäß § 5 Abs. 2a EStG sind für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.
Sachverhalt
Gegenstand der Klage ist die ertragsteuerliche Beurteilung von Rangrücktrittsvereinbarungen zwischen einer Muttergesellschaft und der Klägerin als deren 100%iger Tochtergesellschaft. Im Streitfall ist die Muttergesellschaft mit ihren Darlehensforderungen dergestalt im Rang hinter die Forderung sämtlicher anderer Gläubiger einschließlich aller in § 39 Abs. 1 und Abs. 2 InsO genannten Gläubiger zurück getreten, dass sie Tilgung und Verzinsung der Darlehen nur aus einem künftigen Bilanzgewinn oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss verlangen kann und dass sie darüber hinaus im vorliegend nicht gegebenen Fall der Insolvenz vom Insolvenzverwalter unter Anwendung des § 199 Satz 2 InsO nur Herausgabe des Teils des Überschusses beanspruchen kann, der ihr bei einer Abwicklung außerhalb des Insolvenzverfahrens zustünde.
Hierzu führt das Gericht weiter aus:
- Die Klägerin war im Streitfall verpflichtet, die Darlehensverbindlichkeiten in ihrem Jahresabschluss zu passivieren. Diese Passivierungsverpflichtung war nicht durch die Rangrücktrittsvereinbarungen entfallen.
- Der Passivierung steht auch nicht § 5 Abs. 2a EStG entgegen. Zwar ist bei Anwendung dieser Vorschrift eine Verbindlichkeit unter Vereinbarung eines Rangrücktritts in der Weise, dass die Forderung des Gläubigers hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurücktritt und nur aus künftigen Jahresüberschüssen zu erfüllen ist, nicht auszuweisen, weil es insofern an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung fehlt.
- Die Rangrücktrittsvereinbarungen knüpfen im Streitfall aber an das Entstehen eines künftigen Bilanzgewinns. Dieser handelsrechtliche Begriff des Bilanzgewinns entspricht nicht den steuerrechtlichen Begriffen Jahresüberschuss oder Gewinn, sondern ist weiter gefasst.
- So wird der Begriff des Handels-„Bilanzgewinns“ in § 158 Abs. 1 AktG als eine Position definiert, die sich nach § 275 Abs. 4 HGB aus der Fortführung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Jahresüberschuss ergibt. Der Bilanzgewinn wird ausgehend vom Jahresüberschuss der Gewinn- und Verlustrechnung i.S.d. § 275 Abs. 2 Pos. 20 HGB fortentwickelt, indem der Jahresüberschuss um Vorträge aus dem Vorjahr, Entnahmen aus der Kapitalrücklage und Entnahmen aus der Gewinnrücklage ergänzt wird.
- Der Bilanzgewinn ergibt sich damit als Resultat aus den einzelnen Maßnahmen der bilanziellen Ergebnisverwendung. Der Gewinnbegriff des § 5 Abs. 2a EStG folgt hingegen allein aus dem Ergebnis der Geschäftstätigkeit eines Wirtschaftsjahres und ist damit enger gefasst. So kann beispielsweise eine Entnahme aus einer Kapitalrücklage in einem Jahr, in dem kein Jahresüberschuss erwirtschaftet wurde, zu einem Bilanzgewinn führen, der die Gläubigerin berechtigte, auf der Grundlage der Rangrücktrittsvereinbarungen in Höhe des Bilanzgewinns Erfüllung der Darlehensforderungen zu verlangen.
Anmerkung
Nach Auffassung des Finanzgerichts schließt die Anknüpfung der Rangrücktrittsvereinbarungen an den Handelsbilanzgewinn, der weiter gefasst sei als die in § 5 Abs. 2a EStG normierten Tatbestandsmerkmalen „künftige Gewinne“ und „künftige Einnahmen“, die Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG auf die streitbefangenen Darlehensverbindlichkeiten aus.
Hinweis
Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Quelle
FG Niedersachsen, Urteil v. 12.6.2014 - 6 K 324/12; Revision zugelassen