Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Wohnungsleerstand (BFH)
Kernaussage
Ein besonders lang andauernder, strukturell bedingter Leerstand einer Wohnimmobilie kann – auch nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung – dazu führen, dass die vom Steuerpflichtigen aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt.
Sachverhalt
Der Kläger erwarb 1997 durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung eine Stadtvilla. Zuvor war der Kläger nach Erbgang Miteigentümer der 1928 erbauten Villa gewesen. Von 1949 bis 1992 war die Villa vermietet; seitdem steht sie leer. Bislang gelang es nicht, das Gebäude mit einer Wohnfläche von 156 qm zu vermieten. Die Stadtvilla bedarf einer grundlegenden Sanierung, die unter Berücksichtigung des hohen Leerstands und der zu erwartenden Mieteinnahmen als unwirtschaftlich einzustufen ist. Dem vom Kläger im Streitjahr 2010 geltend gemachten Werbungskostenüberschuss in Höhe von 2.925 EUR versagte das Finanzamt die Anerkennung. Hiergegen klagte der Kläger vor dem Finanzgericht ohne Erfolg.
Entscheidung
Auch der Bundesfinanzhof (BFH) teilte die Ansicht des Finanzamts. Zu Recht habe die Finanzverwaltung den Werbungskostenüberschuss nicht berücksichtigt. Es mangelte an der Einkünfteerzielungsabsicht. Aufwendungen sind für eine Wohnung, die nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung leer steht, auch für die Zeit des Leerstands abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung nicht endgültig aufgegeben hat. Unbeschadet davon kann ein besonders lang andauernder Leerstand dazu führen, dass eine vom Steuerpflichtigen aufgenommenen Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt. Hiervon ist aber nur dann im Einzelfall auszugehen, wenn absehbar ist, dass das maßgebliche Objekt wegen fehlender oder nur unwirtschaftlich herbeizuführender Marktgängigkeit oder aufgrund anderweitiger struktureller Vermietungshindernisse in absehbarer Zeit nicht vermietbar ist. Dies war hier der Fall, da die Villa seit fast 20 Jahren leer stand, grundsanierungsbedürftig ist und die Hälfte des zur Vermietung angebotenen Wohnraums in der Stadt unvermietet ist.
Konsequenz
Das Urteil liegt auf einer Linie mit den vorangegangenen Entscheidungen zum Wohnungsleerstand. Wenn einem Vermieter über einen längeren Zeitraum die Vermietung nicht gelingt, muss er seine Vermietungsbemühungen nachweisbar intensivieren. Hier sprach jedoch das Scheitern der Vermietung seit fast 20 Jahren für sich.
Quelle
BFH v. 09.07.2013, IX R 48/12