Zum (fingierten) Zufluss von Gehaltsbeträgen bei beherrschenden Gesellschaftern einer GmbH (FG)

Mit seinem Urteil vom 13. Oktober 2011 (Az. 1 K 83/11) hat der 1. Senat des Finanzgerichts durch den Berichterstatter anstelle des Senats erkannt, dass die Anwendung der Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zum fiktiven Gehaltszufluss bei Arbeitnehmern einer GmbH bereits im Fälligkeitszeitpunkt nicht in Betracht komme, wenn es sich bei den Arbeitnehmern nicht um beherrschende Gesellschafter handelt und sich die (vermeintlichen) Gehaltsansprüche nicht bei der Ermittlung des Einkommens der GmbH ausgewirkt haben.

Die Kläger - in den Streitjahren zusammen veranlagte Ehegatten - waren zu jeweils 50 % an einer GmbH beteiligt. Zugleich waren sie auch Arbeitnehmer der GmbH, wobei der Kläger als Geschäftsführer tätig war und die Klägerin als kaufmännische Angestellte. Die Kläger bezogen hierfür Arbeitslohn von der GmbH. Ihren Dienstverträgen zufolge standen ihnen Sonderzuwendungen - Weihnachts- und Urlaubsgeld - zu. Die Sonderzuwendungen wurden in den Streitjahren nicht an die Kläger ausgezahlt, obwohl die GmbH grundsätzlich zahlungsfähig war. Die GmbH buchte keine Aufwendungen, auch ein Passivposten in ihrer Bilanz wurde nicht gebildet. Das beklagte Finanzamt stellte sich auf den Standpunkt, dass die Sonderzuwendungen den Klägern im Zeitpunkt der jeweiligen (dienst)vertraglich geregelten Fälligkeitszeitpunkte zugeflossen seien und erhöhte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen für die Kläger die von diesen erklärten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend. Die Kläger machten dagegen geltend, dass sie schon vor 1999 auf ihre Rechtsansprüche auf Zahlung der Sonderzuwendungen verzichtet hätten. Diese seien von der GmbH nur noch auf freiwilliger Basis und nur noch bei bestehender Liquidität der Gesellschaft zu leisten gewesen.

Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben und folgt damit den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung sowohl zum (fingierten) Zufluss von Gehaltszahlungen an beherrschende Gesellschafter (vgl. dazu aus jüngerer Zeit insbesondere das BFH-Urteil vom 03. Februar 2011 - VI R 4/10, BFHE 232, 501, BFH/NV 2011, 904), als auch zur Frage der Beherrschung einer GmbH bei zwei zu jeweils 50 % beteiligten Gesellschaftern (vgl. dazu z.B. das BFH-Urteil vom 09. April 1997 - I R 52/96, BFH/NV 1997, 808 und wiederum das BFH-Urteil vom 03. Februar 2011, a.a.O.). Der Zeitpunkt des Zuflusses von Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG richte sich nach § 11 Abs. 1 EStG. Danach flössen Einnahmen einem Stpfl. grundsätzlich (erst) dann zu, wenn er wirtschaftlich über sie verfügen könne. Da sich die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht nach den tatsächlichen Verhältnissen richte, könne der Zufluss grundsätzlich nicht fingiert werden. Zwar könne sich das bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft ausnahmsweise anders verhalten, weil bei diesen davon auszugehen sei, dass sie über von der Gesellschaft geschuldete Vergütungen bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen könnten. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Gesellschaft den Gesellschaftern die Vergütung (noch) schulde und dass sie sich bei der Ermittlung des Einkommens der Gesellschaft ausgewirkt habe. Auch in diesen Fällen liege ein Zufluss hingegen dann nicht vor, wenn der Gesellschafter auf bestehende oder künftige Ansprüche verzichtet und dadurch eine Vermögenseinbuße erlitten habe, es sei denn, der Verzicht begründe eine verdeckte Einlage des Gesellschafters. Nach Ansicht des Finanzgerichts kam im Besprechungsfall die Annahme eines fiktiven Zuflusses aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Zum einen hätten sich die in Rede stehenden Beträge bei der Ermittlung des Einkommens der Gesellschaft nicht ausgewirkt, zum anderen habe es sich bei den Klägern nicht um beherrschende Gesellschafter gehandelt. Die Beherrschung einer GmbH durch einen zu lediglich 50 % beteiligten Gesellschafter könne nur unter bestimmten Voraussetzungen angenommen werden, die im Besprechungsfall nicht vorlägen. Auch eine verdeckte Einlage der Kläger sei nicht gegeben.

Der BFH hat die Revision zugelassen.

 

Quelle

FG Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 28.09.2012 zum Urteil 1 K 83/11 vom 13.10.2011 (nrkr - BFH-Az.: VI R 24/12)

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