Abgeltungsteuer unter nahen Angehörigen verfassungswidrig?

Schließen nahe Angehörige Darlehensverträge miteinander ab, unterliegen die Zinseinkünfte dem persönlichen Steuersatz und nicht dem Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent – selbst, wenn dieser für den Betroffenen günstiger wäre. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz?

Keine Abgeltungsteuer unter nahen Angehörigen

Die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen beträgt immer 25 Prozent (vgl. §§ 20, 32d Abs. 1 EStG). Doch dieser Abgeltungsteuersatz findet ausnahmsweise keine Anwendung, wenn der Gläubiger und der Schuldner nahe stehende Personen sind und der Schuldner das Darlehen zur Einkunftserzielung verwendet, sprich, damit auch die Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen kann (§ 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG). In diesem Fall unterliegen die Darlehenszinsen nicht der Abgeltungsteuer, sondern dem (oft höheren) persönlichen Steuersatz.

Nahe Angehörige sind nach § 15 AO Ehegatten, Verlobte, Kinder und Geschwister, Pflegeeltern und –kinder sowie Neffen und Nichten und weitere Verwandte sowie Verschwägerte gerader Linie.

Kapitalgesellschaft und Anteilseigner als nahe Angehörige

Von der Abgeltungsteuer sind auch Anteilseigner befreit, die einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, an der sie mindestens zu 10 Prozent beteiligt sind, ein Darlehen gewähren. Dies gilt auch dann, wenn der Darlehensgeber einer Person nahe steht, die mindestens 10 Prozent der Gesellschaftsanteile hält (§ 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG).

Mehrere anhängige Verfahren beschäftigen die Gerichte

Die Richter haben in mehreren anhängigen Verfahren nun darüber zu entscheiden, ob die angesprochene Regelung eine Ungleichbehandlung und damit ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG darstellt. Fraglich ist insbesondere, ob die Behandlung von Darlehenszinsen davon abhängig gemacht werden darf, wie der Darlehensempfänger die Einnahmen nutzt.

Wichtig: Der Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent ist immer dann günstiger, wenn der persönliche Steuersatz höher als 25 Prozent beträgt. Die entscheidende Frage dieser Musterverfahren ist, ob das Finanzamt die Besteuerung der Zinseinnahmen nach dem Abgeltungsteuersatz auch dann verweigern kann, wenn sie für den Darlehensgeber günstiger ist.

Tipp: Einspruch einlegen und Verfahren ruhen lassen

Es ist zu prüfen, ob ähnliche Darlehensverträge abgeschlossen wurden und wie das Finanzamt diese Zinseinnahmen besteuert. Sollte das Finanzamt diese mit dem persönlichen Steuersatz besteuern, obwohl der Abgeltungsteuersatz günstiger wäre, sollte im ersten Schritt die Anwendung der Abgeltungsteuer beantragt werden. Falls dies erfolglos bleibt, empfiehlt es sich im zweiten Schritt unter Hinweis auf die Musterverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch einzulegen und ein Ruhen des Einspruchsverfahrens zu beantragen (§ 363 AO). Es besteht jedoch kein Anspruch hierauf – zumindest solange die Verfahren in erster Instanz anhängig sind. Es bleibt daher mit Spannung abzuwarten, wie zunächst die Finanzgerichte und später vor allem der Bundesfinanzhof entscheiden werden.

 

Quelle

Haufe Online-Redaktion
Cecilia Hardenberg, Diplom-Wirtschaftsjuristin, M.I.Tax und Fachjournalistin

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