Verschärfungen für strafbefreiende Selbstanzeige
Das am 15.4.2011 vom Bundesrat endgültig abgesegnete Schwarzgeldbekämpfungsgesetz bringt insbesondere eine Neuregelung der Selbstanzeige, um das planvolle Vorgehen von Steuerhinterziehern nicht mehr mit Strafbefreiung zu belohnen. Da sich das Rechtsinstitut der Selbstanzeige selbst in der Vergangenheit jedoch grundsätzlich bewährt hat, wird daran festgehalten, aber verhindert, dass es als Instrument der Steuerhinterziehung benutzt wird.
Daher muss in Fällen der strafbefreienden Selbstanzeige bei größeren Hinterziehungsbeträgen in Zukunft ein Zuschlag auf die hinterzogene Steuersumme gezahlt werden. Diese Ergänzung wurde nun neu eingefügt. Im Einzelnen:
Keine gestückelte Selbstanzeige
Künftig muss eine Selbstanzeige umfassend alle Hinterziehungssachverhalte enthalten, damit Straffreiheit eintritt. Sie darf sich nicht nur als Teilselbstanzeige auf bestimmte Steuerquellen beziehen. Strafbefreiung erhält nur noch derjenige, der alle noch verfolgbaren Steuerhinterziehungen der Vergangenheit vollständig offenbart. Unrichtige oder unvollständige Angaben müssen gegenüber der Finanzbehörde berichtigt, ergänzt oder unterlassene Angaben nachgeholt werden (§ 371 Abs. 1 AO).
Damit bringt die Selbstanzeige nur dann Straffreiheit, wenn die Besteuerungsgrundlagen aller strafrechtlich bisher noch nicht verjährten Besteuerungszeiträume erfasst sind. Eine wirksame Selbstanzeige liegt nur noch vor, wenn alle Besteuerungsgrundlagen zutreffend nacherklärt werden (§ 371 Abs. 2 Nr. 3 AO). Damit wird keine Straffreiheit mehr gewährt, wenn von den bisher verschwiegenen Besteuerungsgrundlagen bewusst nur ausgewählte Sachverhalte nacherklärt werden, weil nur deren Aufdeckung unmittelbar befürchtet wird.
Der Finanzausschuss konkretisierte diesen Punkt: Danach ist es für eine wirksame Selbstanzeige erforderlich, dass alle nicht verjährten Steuerstraftaten einer Steuerart – z.B. der Einkommensteuer – vollständig offenbart werden. Dann tritt die strafbefreiende Wirkung – vorbehaltlich der weiteren Bedingungen – für die verkürzte Steuer Einkommensteuer selbst dann ein, wenn Sachverhalte zur Umsatzsteuer nicht offen gelegt werden sollten.
Zeitliche Komponente
Bloßes Taktieren und Reue nach Stand der Ermittlungen wird nicht mehr belohnt. Der Zeitpunkt, wann eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich ist, wird daher der tatsächlichen und technischen Ermittlungs- und Prüfungsrealität angepasst. Eine Straffreiheit tritt nicht mehr ein, wenn dem Täter oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden ist (Ausschlussgrund gem. § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO). Damit kommt es nicht mehr auf das Erscheinen des Prüfers an.
Aufschlag bei hohen Summen
Straffreiheit tritt nicht mehr ein, wenn bei einer der offenbarten Taten ohnehin die Entdeckung droht. Damit verschärften die Koalitionsfraktionen den bisherigen Gesetzentwurf weiter. Die Strafbefreiung soll nämlich nur bis zu einer Hinterziehungssumme von 50.000 EUR gelten. Um bei höheren Summen Anreize zur Selbstanzeige zu schaffen, soll von Strafverfolgung abgesehen werden, wenn neben der Entrichtung von Steuer und Hinterziehungszinsen eine freiwillige Zahlung von 5 % der jeweiligen einzelnen verkürzten Steuer zu Gunsten der Staatskasse geleistet wird.
Die Einführung der 50.000-EUR-Grenze orientiert sich an der aktuellen Rechtsprechung des BGH zu einer Steuerhinterziehung in großem Ausmaß ab dieser Schwelle und soll eine zielgenaue Bekämpfung der schwer kriminellen Steuerhinterziehung bringen.
Hinweis des DStV zum Anwendungszeitpunkt
Durch die Ausfertigung des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes hat sich nach der Übergangsregelung des Art. 97 § 24 EGAO der Rechtsstand bei Teilselbstanzeigen verschärft. Ab nun gelten bis zu der Verkündung im Bundesgesetzblatt die bisherigen Regeln des § 371 AO, allerdings in der (verschärften) Lesart, die der BGH in seiner Entscheidung v. 20.5.2010 (1 StR 577/09, Haufe Index 2340496) vorgenommen hat.
Hierdurch ist eine Teilselbstanzeige nach bisherigem Verständnis ausgeschlossen. So führt beispielsweise eine „kontenweise“ Offenbarung von hinterzogenen Zinsen nicht mehr insoweit zur Straffreiheit. Vielmehr müssen nunmehr alle Angaben des einen betroffenen Veranlagungszeitraums zutreffend erklärt werden, um straffrei für diese Tat zu werden. Die nochmals verschärften Regelungen des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes (vollständige Berichtigung aller Unvollständigkeiten einer Steuerart für alle unverjährten Besteuerungszeiträume) gelten dann ab Inkrafttreten des Gesetzes, also ab dem Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt.
Der DStV hatte auf diese problematische Übergangsregelung hingewiesen und um Abhilfe gebeten. Leider wurde diese Anregung nicht aufgegriffen. Nunmehr sieht wohl auch das BMF Handlungsbedarf. Zwar werden Selbstanzeigen, die zwischen Ausfertigung und Verkündung des Gesetzes bei den Finanzämtern eingehen, wohl eher Einzelfälle bleiben. Für diese will man aber nach einem Schreiben des BMF an den DStV eine „praxisgerechte Lösung“ finden. Wie diese aussehen wird, bleibt jedoch abzuwarten.
Quelle
Haufe Online-Redaktion