Verfassungswidrigkeit der Grundbesitzwerte für Zwecke der GrESt?

Beim Erwerb eines Grundstücks bemisst sich die Grunderwerbsteuer grundsätzlich nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Beim Kauf eines Grundstücks ist Bemessungsgrundlage daher der Kaufpreis. Ist indes keine Gegenleistung vereinbart, wie dies z. B. bei Unternehmensumstrukturierungen häufig der Fall ist, ist die Steuer nach den Werten des § 138 BewG zu bemessen (§ 8 Abs. 2 GrEStG).
Die dort vorgesehene Bewertung für bebaute und unbebaute Grundstücke hat das Bundesverfassungsgericht aber in 2006 im Zusammenhang mit der Festsetzung von Erbschaft- und Schenkungsteuer als verfassungswidrig angesehen.
Hintergrund hierfür war, dass bspw. die Grundbesitzwerte für bebaute Grundstücke zwischen 20 % und über 100 % der gemeinen Wertes lägen und somit eine zu große Streubreite aufweisen würden, um noch als grundsätzlich zulässige Typisierung verfassungsrechtlich hinnehmbar zu sein. Nicht vom Bundesverfassungsgericht geklärt wurde bislang, ob die Heranziehung dieser Werte für Zwecke der Grunderwerbsteuer ebenfalls als verfassungswidrig anzusehen ist.

Entscheidung des FG Münster

Das FG Münster hat in dem Beschluss erhebliche Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung zur Feststellung von Grundbesitzwerten nach § 138 BewG geäußert. Nach Auffassung des Finanzgerichts seien die o. g. Ausführungen des BVerfG nicht nur auf Wertermittlungen im Rahmen der Festsetzung von Erbschaft- und Schenkungsteuer beschränkt, sondern gelten auch für die Bemessung der Grunderwerbsteuer gem. § 8 Abs. 2 GrEStG i. V. m. § 138 BewG. Ähnliche Bedenken hatte der BFH in einem noch laufenden Verfahren geäußert und daher das BMF zu einem Beitritt aufgefordert. Ein endgültiges Urteil des BFH liegt derzeit noch nicht vor. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass das FG Münster im vorliegenden Fall auch eine Aussetzung der Vollziehung gewährte, da dieser Aussetzung kein überwiegendes öffentliches Interesse entgegenstehe.

Konsequenzen

Nach den gleichlautenden Ländererlassen vom 1.4.2010 erfolgt die Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 8 Abs. 2 GrEStG i. V. m. § 138 BewG nunmehr vorläufig dahingehend, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte verfassungsgemäß ist. Sofern diese Erläuterung im Bescheid fehlt, sollte zwingend Einspruch eingelegt werden. Denn nach Auffassung des FG Münsters ist nicht auszuschließen, dass das BVerfG die streitigen Normen mit Wirkung für die Vergangenheit, d. h. ab dem 1.1.2009, für nichtig erklärt.

 

Quelle

FG Münster, Beschluss v. 4.8.2010, 3 V 936/10 F.
BFH, Beschluss v. 27.5.2009, II R 64/08, BStBl 2009 II S. 856 zur gleichen Rechtsfrage.
Gleichlautende Ländererlasse: Vgl. u. a. OFD Karlsruhe
Verfügung v. 15.4.2010, S-0338/66 - St 333

Möchten Sie regelmäßig über neue Artikel informiert werden? Dann registrieren Sie sich für unseren Newsletter.

Newsletter abonnieren

Diese Internetseite verwendet Cookies, um die Nutzererfahrung zu verbessern und den Benutzern bestimmte Dienste und Funktionen bereitzustellen.
Mehr Informationen finden sie unter Datenschutz. Ich stimme zu