Gewerblicher Grundstückshandel bei Wohnungsverkäufen auf Druck einer Bank
Die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien sind für die Zuordnung zum gewerblichen Grundstückshandel oder zur Vermögensverwaltung unerheblich. Dies gilt auch bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Zwangslage.
Hintergrund
B – die Ehefrau des Einzelunternehmers A – hatte im Juli 1992 ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus erworben, das A und B nach dessen Renovierung seit November 1994 selbst bewohnen. Außerdem ließ B auf dem Grundstück bis zum Februar 1995 ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen, einem Büro-, einem Werkstatt- und Lagerraum sowie acht Garagen errichten. Zwei Wohnungen vermietete sie verbilligt an ihre beiden Kinder, die anderen acht auf unbestimmte Dauer an Dritte. Die Mietverträge enthielten jeweils eine Staffelmietvereinbarung für zehn Jahre. Die Büro-, Lager- und Werkstatträume vermietete B an A zur gewerblichen Nutzung.
Die Herstellungskosten für den Neubau beliefen sich auf 2.689.000 DM; sie wurden - bis auf Eigenmittel von 4.000 DM - vollständig durch eine Bank fremdfinanziert. Am 31.12.1998 standen den Herstellungskosten Darlehen in Höhe von 2.981.945 DM gegenüber. – Nachdem das Mehrfamilienhaus in Wohnungseigentum aufgeteilt worden war, verkaufte B zu Preisen, die über den Herstellungskosten lagen, jeweils eine Wohnung im Oktober 1997, März 1999, April 1999, Mai 1999, Juni 1999 und April 2000.
Das Finanzamt (FA) war der Auffassung, B habe einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Bei den Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre 1999 und 2000 setzte es demgemäss entsprechende Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Nach Ansicht des FA ist unbeachtlich, dass das ursprüngliche Finanzierungskonzept wegen unvorhergesehener Gewinnrückgänge im Unternehmen des A nicht eingehalten werden konnte und die Verkäufe stattfanden, um eine Zwangsvollstreckung durch die finanzierende Bank zu vermeiden.
Das Finanzgericht (FG) ist der Auffassung des FA nicht gefolgt. Zwar habe B innerhalb von fünf Jahren seit der Errichtung mehr als drei Eigentumswohnungen veräußert. Gewichtige Umstände sprächen aber dagegen, dass A bereits bei Errichtung des Hauses eine auch nur bedingte Veräußerungsabsicht gehabt habe. Die sechs Wohnungen seien in den Jahren 1997, 1999 und 2000 nicht aus freien Stücken, sondern auf Druck der finanzierenden Bank veräußert worden.
Entscheidung des BFH
Die gegen das Urteil des FG eingelegte Revision des FA hatte Erfolg. Der BFH hält die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels für gegeben. Er geht davon aus, dass Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung ist, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und die Grenzen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (BFH, Beschluss des Großen Senats v. 10.12.2001 GrS 1/98, BStBl II 2002, 291). Von einem gewerblichen Grundstückshandel kann in der Regel ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs mehr als drei Objekte (sog. "Drei-Objekt-Grenze") erworben und veräußert werden.
Die im Streitfall durch die Verkäufe indizierte Annahme, dass B bereits beim Erwerb des Grundstücks und der Herstellung der Wohnungen mit bedingter Veräußerungsabsicht handelte, ist - entgegen der Ansicht des FG - nicht widerlegt. Der Annahme einer bedingten Veräußerungsabsicht steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die ursprüngliche Vermietungsabsicht aufgegeben und das Objekt aus ungewollten Gründen verkauft wird. Die konkreten Anlässe für den Verkauf (z.B. Ehescheidung, Finanzierungsschwierigkeiten, Krankheit, ein unerwartet hohes Kaufangebot) sagen im Allgemeinen nichts darüber aus, ob der Stpfl. nicht von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht gehabt hatte. Entsprechendes gilt für den im Streitfall von der Bank ausgeübten Druck, Wohnungen zu veräußern, um die Zwangsversteigerung zu vermeiden.
Praxishinweis
Die Vielzahl der Entscheidungen zur "Drei-Objekt-Grenze" zeigt, dass die Grenze zwischen den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu den gewerblichen Einkünften nach wie vor nicht eindeutig zu ziehen ist.
Persönliche oder finanzielle Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien - wie Scheidung, unvorhergesehene Notlagen sowie der Druck der finanzierenden Bank - sind jedenfalls nicht geeignet, eine anfängliche Veräußerungsabsicht zu widerlegen.
Anders liegt es dagegen bei Gestaltungen des Stpfl., die eine spätere Veräußerung wesentlich erschweren. Dies kann eine langfristige Finanzierung oder eine langfristige Vermietung sein, wenn sich diese im Falle einer Veräußerung voraussichtlich ungünstig auswirken oder zusätzliche finanzielle Belastungen auslösen würden (z.B. eine Vorfälligkeitsentschädigung bei Darlehensablösung oder die Inkaufnahme einer durch die Vermietung bedingten Wertminderung oder die Einräumung von Nießbrauchsrechten, welche eine Verfügung über das Grundstück erschwert); vgl. hierzu auch BMF, Schreiben v. 26.3.2004, BStBl. 2004 I, S. 434, 439, Tz. 30).
Quelle
Dr. Klaus Schwendy in Haufe-Urteilsservice
BFH, Urteil v. 17.12.2009, III R 101/06, veröffentlicht am 17.3.2010