Strategien zum Jahreswechsel 2010/2011: Arbeiten für den Jahresabschluss
Gemischte Aufwendungen
Die Finanzverwaltung wendet die Grundsatzentscheidung des Großen Senats des BFH, wonach Aufwendungen aus sowohl beruflichem/betrieblichem als auch privatem Anlass grundsätzlich in abziehbare Betriebsausgaben/Werbungskosten und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden können, in allen offenen Fällen an. Das gilt für alle Gewinn- und Überschuss-Einkunftsarten und nicht bzgl. der gemischten Reisekosten als Hauptanwendungsfall.
Insoweit sollten sowohl die Buchungsvorgänge des laufenden Jahres als auch die noch offenen Vorjahre auf Gewinnminderungspotenzial durch die Erzielung weiterer Betriebsausgaben durchforstet werden. Das betrifft in ähnlicher Weise auch den Werbungskostenabzug der Belegschaft.
Praxis-Tipp
Auch die Feier zum Firmenjubiläum eines Einzelunternehmens lässt sich teilweise als Betriebsausgaben absetzen (Aufteilung nach Köpfen), selbst wenn neben Kunden und Geschäftsfreunden auch private Gäste des Firmeninhabers teilnehmen.
Ansatz geringwertiger Wirtschaftsgüter
Sofern Unternehmer 2010 geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) mit Nettopreisen bis 1.000 EUR erworben oder hergestellt haben, können sie gem. § 6 Abs. 2 und Abs. 2a EStG wählen bei Preisen von
bis zu 150 EUR: Sofortige Abschreibung in voller Höhe oder normale lineare/degressive AfA über die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts.
150,01 - 410 EUR: Zusätzlich zu den beiden o. g. Möglichkeiten können die Wirtschaftsgüter in einen Sammelposten gestellt und die Kosten gleichmäßig auf 5 Jahre verteilt werden. Dies ist nicht möglich, sofern für andere Güter in dieser Preisklasse in 2010 die Sofortabschreibung gewählt wurde. Denn die Wahl kann für alle im Wirtschaftsjahr angeschafften oder hergestellten oder eingelegten Wirtschaftsgüter nur einheitlich ausgeübt werden (§ 6 Abs. 2a Satz 5 EStG). GWG, deren Wert 150 EUR übersteigt, sind in einem laufend zu führenden Verzeichnis zu erfassen, sofern die Angaben nicht aus der Buchführung ersichtlich sind.
410,01 - 1.000 EUR: Die sog. Poolabschreibung über 5 Jahre kann nur angewendet werden, wenn die Sofort-AfA für GWG ausschließlich bei Preisen bis 150 EUR gewählt wird. Ansonsten erfolgt die normale lineare/degressive AfA über die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts.
Tipps für den Umgang mit GwG nach den Neuregelungen 2010:
Die Sofortabschreibung ist sinnvoll, wenn der Gewinn 2010 besonders hoch ausfällt.
Die Verwendung der Poolbewertung bis 410 EUR lohnt, wenn sich die Betriebsausgaben über mehrere Jahre verteilt gleichmäßig mindernd auf den Gewinn auswirken sollen.
Die Auflösung eines gebildeten Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG wird auch bei Gütern bis 1.000 EUR vorgenommen. Insoweit mindern sich Sofortabschreibung und Wert für die Sammelbewertung.
Die in den Jahren 2009 und 2009 zwingend in den Sammelposten eingestellten Güter müssen dort weiterhin verbleiben, auch wenn der Wert unter 410 EUR liegt oder eine Veräußerung/Entnahme erfolgt ist.
Hinweis
Das BMF erläutert mit Schreiben vom 30.9.2010[3] die Neuregelungen und insbesondere den Umgang mit dem Sammelposten.
Bilanz oder 4/3-Rechnung?
Einzelkaufleute werden gem. § 241a HGB von Buchführungs- und Bilanzierungspflichten nach den handelsrechtlichen Vorschriften befreit, wenn sie in 2 aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren höchstens 50.000 EUR Gewinn und 500.000 EUR Umsatz aufweisen. Bei Neugründungen gilt das schon bei Unterschreitung am ersten Abschlussstichtag. Für kleine Kaufleute kommt es durch die Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu einer Kostenentlastung und Arbeitserleichterung. Zudem wird die Umstellung auf die E-Bilanz vermieden.
Praxis-Tipp
Um diese Erleichterung frühzeitig in Anspruch nehmen zu können, sind bilanzpolitische Maßnahmen in Grenzbereichen sinnvoll. Diese können dann z. B. so erfolgen, dass Gewinne oder Umsätze auf 2010 und 2011 gleichmäßig verteilt werden, sodass es ab dem Folgejahr zu einer Befreiung von der Bilanzierung kommen kann.
Beim Wechsel von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zum Bestandsvergleich muss der Übergangsgewinn in der Eröffnungsbilanz aktiviert werden. Damit ist er nicht bereits im Jahr 2010 zu versteuern, sondern im Jahr der erstmaligen Bilanzierung, also 2011. Dabei darf der Übergangsgewinn auf Antrag über 3 Jahre verteilt werden (R 4.6 Abs. 1 Satz 4 EStR).
Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit
Unternehmer müssen steuerliche Wahlrechte in der Steuer- und in der Handelsbilanz 2010 nicht mehr übereinstimmend ausüben, da die umgekehrte Maßgeblichkeit durch das BilMoG abgeschafft wurde. Nunmehr ist zum Schluss des Wirtschaftsjahrs das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts ein anderer Ansatz gewählt wird (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Praxis-Tipp
Die handelsrechtlichen Bilanzierungen sind dem Grunde und der Höhe nach für die Steuerbilanz maßgebend, sofern das Steuerrecht diese Maßgeblichkeit nicht durch abweichende Bilanzierungsregeln durchbricht. Nimmt der Kaufmann ein HGB-Aktivierungswahlrecht in Anspruch, besteht in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot und Passivierungswahlrechte laut HGB führen steuerlich zum Passivierungsverbot.
Für den Ansatz in der Steuerbilanz bedeutet dies nun, dass handelsrechtliche Grundsätze zur Aktivierung, Passivierung und Bewertung der einzelnen Bilanzposten weiterhin für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich sind. Wahlrechte, die auch steuerlich bestehen, unterschiedlich ausgeübt werden können. Das wird dann vor allem durch steuerbilanzpolitische Ziele bestimmt, die zu einem möglichst geringen Gewinn führen.