BFH - Zusammenveranlagung von EU-Bürgern

Unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Staatsangehörige der EU können die Zusammenveranlagung mit ihrem im EU -Ausland lebenden Ehegatten auch dann beanspruchen, wenn die gemeinsamen Einkünfte der Ehegatten zu weniger als 90 v.H. der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die ausländischen Einkünfte der Ehegatten den doppelten Grundfreibetrag übersteigen.

Hintergrund

A ist polnischer Staatsangehöriger. Er wohnt in Deutschland und bezieht dort auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Ehefrau (B) hat ihren Wohnsitz in Polen. Streitig war, ob die Eheleute in Deutschland zusammenveranlagt werden können.

Entscheidung des BFH

Nach Auffassung des BFH ist das FA verpflichtet, A zusammen mit seiner Ehefrau B zur Einkommensteuer zu veranlagen.

Die Zusammenveranlagung von Ehegatten (§ 26b EStG 2002) setzt zwar grundsätzlich die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht beider Ehegatten voraus (§ 26 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002). - Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anwendbar ist, die nach § 1 Abs. 1 EStG 2002 n.F. unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder die nach § 1 Abs. 3 EStG 2002 n.F. als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind, können jedoch beantragen, dass ihr nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland für die Anwendung des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 n.F. als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.

Voraussetzung dafür ist, dass der nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Ehegatte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates der EU oder eines EWR-Staates hat (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 n.F.). Diese Voraussetzung war im Streitfall gegeben.

Zwar war nach der bis zur Änderung durch das Jahressteuergesetz 2008 geltenden Fassung des § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 (EStG 2002 a.F.) eine Zusammenveranlagung nur möglich, wenn die Einkünfte beider Ehegatten zu mindestens 90 v.H. der deutschen Einkommensteuer unterlagen und die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte 12.272 EUR nicht überstiegen (BFH, Urteil v. 20.8.2008 I R 78/07, BStBl II 2009, 708). Diese Voraussetzung ist jedoch seit der Änderung des § 1a Abs. 1 EStG 2002 a.F. durch das Jahressteuergesetz 2008 entfallen.

 

Quelle

Urteil v. 8.9.2010, I R 28/10, veröffentlicht am 22.12.2010

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